+++ Donnerstag 27.05.2021 +++
wir berichten am Donnerstag #b2705 ab 16:30 Uhr von der Demonstration
„Gedenkdemonstration anlässlich Frieda Seidlitz’ 85. Todestag“
Donnerstag, 27.05.2021 | 16.30 Uhr | Antonplatz 13088 Berlin
Anreise: M4/M13
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»Sollte ich einmal verhaftet werden, über meine Leiche können sie gehen, über meine Lippen kommt nichts! « – Frieda Seidlitz, im Untergrund
Wer war Frieda Seidlitz?
Geboren am 2. September 1907, kam die gebürtige Weißenseerin aus einem Arbeiter:innenhaushalt und war gelernte Verkäuferin. Sie organisierte sich im Zentralverband der Angestellten gewerkschaftlich. Dabei lernte sie ihren Lebensgefährten Martin Weise (Redakteur für Gewerkschaftsfragen im Zentralorgan der KPD »Die Rote Fahne«; November 1943 von den Nazis ermordet) kennen. Mit 24 Jahren trat sie der KPD bei. Im April 1933 wurde sie wegen verübten Widerstands gegen den Nationalsozialismus verhaftet – als aktives KPD-Mitglied, das regelmäßig auf Demonstrationen gegen das NS-Regime zu finden war. Nach der Entlassung flüchtete sie in die Tschechoslowakei. Als Kurierin der KPD-Auslandsleitung kehrte sie nach Deutschland zurück und wurde Mitglied der illegalen Gebietsleitung der Roten Hilfe in Berlin-Brandenburg. Sie organisierten mit anderen die Flucht von 40 bis 50 gefährdeten Widerstandskämpfer:innen. Frieda lebte »illegal« in Berlin und hatte innerhalb der Widerstandsbewegung der Roten Hilfe eine Schlüsselstellung inne. Sie war sowohl die Materialkurierin zwischen den vier Berliner Bezirken als auch die entscheidende Verbindung zur Tschechoslowakei. Im April 1936 wurde sie von der Gestapo verhaftet. Nach schweren Misshandlungen bei den Verhören brach sie erst nach fünf Wochen ihr Schweigen und sagte Nebensächliches aus. Am 27. Mai 1936 kam Frieda mit 28 Jahren um. Todesursache: Sturz aus dem Fenster. Die Umstände ihres Todes sind ungeklärt. Entweder nahm sie sich wegen der bei den Vernehmungen erlittenen Misshandlungen das Leben – sie wollte niemand anderen verraten – oder ihr Freitod wurde von den Nazis inszeniert.
Aus der Vergangenheit in der Gegenwart für die Zukunft lernen – das ist allgemein für antifaschistische Arbeit notwendig. Aktives Erinnern und der bewusste Blick in die Vergangenheit kann uns in unserer heutigen und zukünftigen antifaschistischen Arbeit stärken. Was liegt da näher als den lokalen antifaschistischen Widerstand zur NS-Zeit in den Blick zu nehmen? Hier in Berlin, im Zentrum allen Übels, gab es zu dieser grausamen Zeit trotzdem antifaschistische Widerstandskämpfer:innen, die im Kleinen für Lichtblicke und für den Sieg über den NS sorgten.
Dabei fand der Widerstand und die antifaschistische Arbeit in verschiedenen Bereichen statt. Mit dem Blick auf lokale Antifaschistinnen wollen wir antifaschistische Arbeit nah und fassbar machen und aufzeigen, dass Antifa nicht nur in der Theorie funktioniert, sondern immer auch Handarbeit ist.
Auch heute im Jahr 2021 verknüpft man Antifaschismus und Widerstand fast ausschließlich mit Männern. Umso wichtiger und notwendiger endlich Frauen hervorzuheben. Frauen gehen nach wie vor in unserer Gesellschaft unter, sei es im Hier und Jetzt oder in der Geschichte. Wir leben in einer patriarchalen Gesellschaft. Der Blick auf die Welt in männlich geprägt – der Mann steht nach wie vor im Zentrum. Strukturen bevorzugen immer noch den Mann. Es geht um die Reproduktion patriarchaler, männlicher Strukturen und den Machterhalt des Mannes.
Für Frieda, Else, Anna und all die anderen
Es gibt Frauen im aktiven, antifaschistischen Widerstand, die hier vor Ort aktiv gegen den deutschen Faschismus und den NS eintraten. Frauen, die nicht nur hinter Männer, hinter antifaschistischen Widerstandskämpfern, standen, sondern auch in den ersten Reihen aktiv waren. Hierzu zählen Frieda Seidlitz, Anna Ebermann und Else Jahn.
Anna Ebermann stellte ihren Wohnraum für illegale Treffen von Widerstands-gruppen zu Verfügung, sie versteckte Jüd:innen und wird letztendliche am 17. März 1944 wegen »öffentlicher Wehrkraftzersetzung« – sie äußerte sich einer Bekannten gegenüber regimekritisch – von den Nazis umgebracht.
Else Jahn ging während der NS-Zeit in die Illegalität und war dort für die KPD aktiv. Als die Rote Armee Weißensee befreite, nahm sie Kontakt auf und stellte sich als Lotsin durch das Häusermeer zur Verfügung. Sie stand auf einem Panzer der Roten Armee, während die sich einen Weg durch den Stadtbezirk bahnte. Beim Vorrücken in das Berliner Stadtzentrum wurde sie am 26. April 1945 bei einem Schusswechsel an der »Weißenseer Spitze« (Kreuzung Gustav-Adolf-Straße/Prenzlauer Promenade) zwischen SS-Einheiten und der Roten Armee von einer Kugel getroffen und kam so im Alter von 43 Jahren ums Leben.
Frei nach Rosa Luxemburg – »Wir waren – wir sind – wir werden sein« wollen wir Antifaschismus nahe machen, nahbar machen, fassbar machen – und zwar anhand von den drei Frauen. Wir wollen von ihren Taten lernen und Kraft schöpfen für unseren Einsatz im Hier und Jetzt. Wir nehmen sie als Vorbild. Wir brauchen mehr als nur bekannte Vorbilder, wie Sophie Scholl. Sondern lokale weibliche Vorbilder bestärken uns in unserem Tun und Handeln. Sie haben aktiv für eine Befreiung vom Faschismus und Nationalsozialismus gekämpft. Diesem Aktivismus schließen wir uns an und setzen uns weiterhin in Erinnerung an Frieda, Anna und Else für Antifaschismus ein. Wir waren: Die Frauen lebten und kämpften für die Befreiung; wir sind: wir erinnern im Hier und Jetzt an sie; wir werden sein: wir führen den antifaschistischen Kampf fort.
In unserem heutigen revolutionären Kampf erfüllen wir Friedas, Annas und Elses Vermächtnis, sie werden uns immer ein Vorbild sein!
Denn die befreite Gesellschaft bleibt weiterhin unser Ziel!
Es gilt heute wie alle Tage: Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!